Die sofortige Schließung des Bodenseeforums mag eine populäre Forderung sein. Sie kommt die Stadt aber teuer zu stehen.
Ich war 2014 gegen den Ankauf der Centrotherm-Immobilie
Vor ziemlich genau fünf Jahren kam der Konstanzer Oberbürgermeister Uli Burchardt auf die Idee, die leerstehende Immobilie des damals insolventen Anlagenbauers aufzukaufen, gehörte ich zu den entschiedenen Gegnern dieses Projekt.
Der Insolvenzverwalter schien keine erkennbare Idee für das Gebäude zu haben, die Stadt konnte über den Bebauungsplan die Nutzung des Hauses bestimmen. Gleichzeitig überboten sich Oberbürgermeister und Gemeinderatsmehrheit in Jubelarien zu diesem Vorhaben. Ich kann mir ehrlich gesagt nicht vorstellen, wie man eine relativ gute Verhandlungsbasis noch besser hätte verspielen und den Preis für die Immobilie noch höher hätte treiben können.
Gerade mal drei Tage vor der Gemeinderatswahl wurde der Ankauf der Immobilie dann damals vom Gemeinderat durchgewunken.
Die Geburtsfehler des Bodenseeforums
Dieses überstürzte Vorgehen hat sich nicht nur bei den Verhandlungen über den Preis bemerkbar gemacht. Ein windiger Gutachter behauptete, dass das Haus als Veranstaltungshaus innerhalb kürzester Zeit schwarze Zahlen schreiben würde. Damit kam er vor allem auch deshalb so gut an, weil eine Gemeinderatsmehrheit unbedingt glauben wollte, was ihnen erzählt wurde.
In der Folge wurde das Haus zügig eröffnet und darüber die Marktstrategie völlig vergessen. Nennenswerte Akquise wurde offensichtlich kaum betrieben. Die zügige Eröffnung der vermeintlichen Jahrhundertchance war den meisten Entscheidungsträgerinnen und Entscheidungsträgern offenbar wichtiger.
Es kam, was kommen musste. Das Bodenseeforum konnte zwar innerhalb des vorgegebenen Zeitraumes eröffnet werden. Die mangelnde Akquise rächte sich dafür von Anfang an. Das Haus blieb viel zu oft leer. Nennenswerte Veranstaltungen für die Konstanzerinnen und Konstanzer, denen dieses Haus immerhin als „Haus für alle“ versprochen wurde, fanden dagegen kaum statt.
Dazu gesellten sich gleich mehrere Fehlentscheidungen auf der Position des Geschäftsführers. Der erste ging – noch bevor das Haus so richtig eröffnet wurde. Der städtische Wirtschaftsförderer durfte sich danach erfolglos als Interimsgeschäftsführer versuchen.
Danach verkündete die Verwaltungsspitze den Neustart. Es sollte der erste einer ganzen Serie von Neuanfängen werden.
Wie so oft bei Personalentscheidungen unter Oberbürgermeister Burchardt, der sich als Stadtoberhaupt gerne in der Rolle als Wirtschaftsführer sieht, sollte die Beauftragung eines Head-Hunters eine geeignete Persönlichkeit für die Geschäftsführung hervorbringen. Eineinhalb Jahr später musste der Gemeinderat auch hier die Notbremse ziehen.
Die Turbulenzen innerhalb des Bodenseeforums hatten und haben teilweise gravierende Auswirkungen auf den Geschäftsbetrieb.
Im Geschäftsjahr 2018 konnten noch weniger Veranstaltungen für das Haus gewonnen werden als im ohnehin schon schlechten Geschäftsjahr 2017.
Durchgängige Akquise für das Haus konnte quasi kaum betrieben werden. Durch die überstürzte Eröffnungsphase 2016 konnten für die Folgejahre kaum Buchungen akquiriert werden. Die diversen Wechsel an der Spitze des Hauses haben die Situation noch verschlimmert.
Aber selbst in dieser ziemlich turbulenten Phase hat sich gezeigt, dass die hochgesteckten Ziele von Oberbürgermeister und Teilen des Gemeinderates nie erfüllt werden können. Tagungen und Kongresse großer Unternehmen oder Branchenverbände werden höchstens vereinzelt nach Konstanz kommen können. Dabei stellt die Verkehrsanbindung noch das geringste Problem dar. Als viel problematischer erweisen sich die Hotelkapazitäten. Die wenigsten Hotels sind bereit in der Hochsaison Hotelkapazitäten für Kongresse zu reservieren, ohne gleichzeitig sicher mit den Buchungen planen zu können. Unternehmen sind ihrerseits aber wenig geneigt, ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auf verschiedene Hotels aufzuteilen. Denn neben einem höheren Organisationsaufwand werden die wenigsten Unternehmen interessiert daran sein, Mitarbeiter XY zu erklären, weshalb Mitarbeitern YZ das vermeintlich schönere Hotel zugewiesen bekommen hat.
Die Lehren
Immer wenn in den letzten Jahren in Konstanz die Schaffung eines Tagungshauses diskutiert wurde, gefielen sich einige Entscheidungsträgerinnen und Entscheidungsträger darin, eine vermeintliche „Jahrhundertchance“ zu nutzen. Die verbale Abrüstung hilft sicher vor dem harten Aufschlag auf dem Boden der Realität. Mit Überhöhungen à la „Jahrhundertchance“ werden im Zweifel immer Erwartungen geweckt, die nie und nimmer erfüllt werden können.
Die letzen 2,5 Jahre haben ziemlich deutlich gezeigt, welche Veranstaltungen im Bodenseeforum sinnvoll durchgeführt werden können und welche nicht. Die Akquise wird sich ziemlich genau auf diese Erkenntnisse konzentrieren müssen.
Die Hoffnung, sich mit dem Einkauf vermeintlicher Experten von außerhalb auf dem Tagungsmarkt etablieren zu können haben sich aus verschiedensten Gründen zerschlagen. Es bringt dem Bodenseeforum und uns Konstanzerinnen und Konstanzern nichts, wenn das Bodenseeforum von Experten gelenkt werden, die über kein lokales Netzwerk verfügen und die Gegebenheiten vor Ort kaum kennen.
Die bisherigen Ergebnisse, die das Bodenseeforum geliefert haben können nicht nur in finanzieller Hinsicht nicht überzeugen. Wenn ein Tagungshaus schon richtig Geld kostet – und das tun trotz anders lautender Aussagen des ersten Gutachters eigentlich alle Tagungshäuser in Deutschland – dann muss für die Bevölkerung der Nutzen eines solchen Hauses auch klar erkennbar werden.
Mit den bisherigen Defizitausgleichen hätten unzählige Veranstaltungen von Vereinen subventioniert werden können. Deshalb bietet die städtische Förderrichtlinie Vereinen seit einiger Zeit die Möglichkeit bis zu 75 Prozent der anfallenden Kosten für Veranstaltungen im Bodenseeforum subventioniert zu bekommen.
Der Ausblick
Nachdem in den ersten 2,5 Jahren des Betriebes im Betriebsausschuss quasi permanent noch schlechtere Zahlen präsentiert werden mussten, zeigt die Zahl der Buchungen seit der Übernahme der Geschäftsführung durch Frau Bader erhebliche Verbesserungen. Diese sind tatsächlich so hoch, dass sie die wenigsten noch für möglich gehalten haben.